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Die Suche nach dem Glam : Cornelia Street Flash

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Tempi passiti, harte Zeiten unter jungen Menschen, und selbst eben nicht mehr jung sein, Ende des Sommers, Anfang Herbst. In Rom jedoch munter und durchgehend warm, und nachts kühlt es sich kaum ab. Was am Reisen nervt: der Organisationszwang. Wir laufen mit sechs verschiedenen Stadtplänen und drei Reiseführern herum, keiner ist ausreichend. Wohin, wie, womit, was kostet es. Die Zimmer sind nur bis Donnerstag gebucht, mit Glück bis Freitag, und was dann? Sperlonga, das war meine Idee, aber Zimmer in Sperlonga zu finden, die günstig sind und buchbar, scheint eine hohe Kunst zu sein. Nachteile des Netzes: Immer muss alles im Voraus entschieden werden, Zimmer gebucht, Reisen geplant werden. Der Tod der Spontanität.

Rom, geschlossene Stadt. "Stadtteil sichern". Bewertungen schreiben. Frühstück nur bis zehn. Airbnb is killing Hotellerie, das dann auch noch. Die Wampe, der Ischias, im Schlaf schlafen mir die Hände ein, übers Aussehen kann ich eh nicht mehr kommen, Midlife Circus Maximus. Aber fickrig wie mit 25 eben gar nicht gewesen. Entschuldigung. (Larmoyanztaste wieder auf off.)



Sie sprechen in ihre Mobiltelefone wie in Diktiergeräte.
Wrong place, right time.
Oder sie sprechen zu laut.
Rosa Toilettenpapier. Selbsthass.

Vampirfilme, Nonnenpornos, schnell mal die Handlung zu so einem Nonnenporno erfinden, wenn wir nachts die Gänge betreten, muss sich das Licht erst anschalten, fiat lux. Diese Stadt ist gerade dabei, mich zu überfordern. Immerhin haben die Stadtführer Humor: "Eine bodenständige Atmosphäre, geprägt von der Freundlichkeit der Arbeiterklasse." Aurelio kann man mehr oder weniger vergessen, den Vatikan auch, Trastevere ist eine touristische Unglaublichkeit, da fehlen mir die Worte. Im Pantheon bin ich dazu übergegangen, die Touristen zu fotografieren. Der neuste Trend ist das kleine Handstativ. Man setzt die kleine Digicam auf das Ministativ und schwenkt in einer 180°-Grad-Kehre herum; Panorama-Selfies.

Eine mexikanische Reisegruppe samt Rollstuhlfahrerin. Zwei Akkordeonspieler laufen gemeinsam die Via Cavour hoch, Feierabend. An der Hosteria wechseln die Straßenmusikanten einander ab; es gibt vermutlich auch eine bestimmte Route.


"Die dunklen Sommer/ fallen wie die Hand." Ich glaube, ich muss "Rom. Blicke" noch mal lesen. Und Verfall deckt den Glauben zu, in einer dieser vollgepinselten Kirchen verlieren sich zehn Gläubige, als wir gerade zufällig in die Messe platzen. Es ist sehr vermessen, sich für etwas Besonderes zu halten, ich suche noch ein wenig nach der alten Liebe, der zu Italien, und der überhaupt, und tatsächlich erinnere ich mich an vieles, an den Müll und die Echsen, die flirrende Wärme und die Zypressen, das Essen (in Rom immer noch gut genug), das Eis, diese Kinderparadiese, Deutsche mit Hund (ansonsten kaum Tiere in dieser Stadt, außer den Tauben). Die Zeit schiebt sich dazwischen, in Rom ist alles vergänglich; schön, aber vergänglich. Aber so ist die Welt, eine Welt, die es abzufotografieren gilt, alles andere ist der triste Alltag in den Angestellten- und den Arbeitervierteln.

Und vielleicht kommt es darauf an, mit wem es sich am besten abhängen lässt, aber nein, das reicht nicht für eine Beziehung, es muss schon auch die Leidenschaft da sein.



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