Gerade bin ich beim Stöbern im Netz auf den Titel einer Erzählung von Anna Seghers gestoßen, und ich fand es erstaunlich, wie plastisch mir die Erinnerung an den Text war, den ich vor ca. 35 Jahren in der Schule gelesen hatte. Es muss in der sechsten oder siebenten Klasse gewesen sein. Die Tochter der Deligierten heißt die Erzählung und beschreibt, wie ein Mädchen (ca. 12 Jahre alt) einige Zeit allein in der Wohnung ausharrt, während die alleinerziehende Mutter zu einem Kongress der illegalen kommunistischen Partei nach Moskau gefahren ist. Die Nachbarn dürfen von dieser Reise nichts wissen, die Legende ist, dass Mutter und Tochter gemeinsam verreist sind. Das Mädchen versucht also, für die Zeit der Abwesenheit der Mutter, selbst verschwunden zu sein.
(Der Parteikongress, zu dem die Mutter fuhr war 1929, also jener dessen Deligierte fast vollständig in den stalinistischen Lagern ermordet wurden. Davon steht allerdings nichts in der Erzählung. Und das war auch nicht ihr Thema, es fiel mir nur bei der Lektüre des Klappentextes auf.)
Sofort fallen mir auch andere Seghers-Titel ein. Das wirkliche Blau z.B. aber auch Transit und vor allem Das siebte Kreuz. Letzterem entstammt wahrscheinlich mein fas irrationales Interesse an dem Wort Platane, aus dem auch eine Zuneigung zum gleichnamigen Baum erwuchs.
Bei aller politischen Färbung der Texte von Anna Seghers scheinen sie doch große Literatur zu sein.
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